Der Mann und die Liebe

Männer und Liebe – ein weites Feld voller Mythen und Klischees, Vorurteilen und Erwartungen, Stoff für zahllose Dramen und Komödien. Ich habe in meinem Leben den Weg der Liebe mit vielen Höhen und Tiefen erlitten und genossen.

Im Lauf der Jahre hat sich mein Blick darauf ein wenig geklärt: was die meisten „Liebe“ nennen, hat mit Liebe wenig zu tun. Es ist eher eine Mischung aus Trieb, Abhängigkeit, Symbiose, Gewohnheit, Bequemlichkeit, Leistungsdruck, Anpassung und einer unbestimmten Sehnsucht nach etwas Überirdischem. Im Rausch des Verliebtseins können wir eine Ahnung davon erhaschen, wie Liebe sein kann: ekstatisch, leidenschaftlich, verschmelzend, aber auch gefühlvoll, empfindsam und achtsam, kreativ und spontan, wir fühlen uns im Fluss, sind von Glück erfüllt …

Warum bleibt dieser Zustand nicht dauerhaft erhalten oder zumindest nach Belieben abrufbar? Das hat vor allem mit einem fundamentalen Irrtum zu tun: wir glauben, die Quelle unseres Liebesglücks ist draußen, nicht in uns selbst.

Wir „brauchen“ das geliebte Wesen, und solange unsere Gefühle erwidert werden, ist alles gut, wenn nicht, leiden wir furchtbar. Und wenn der Alltag die rosa Brille klärt, kann das Feuer nach und nach verglimmen. Aber die Sehnsucht bleibt – und das ist gut so. Denn Verliebtsein ist wie ein Fenster zu dem, was Liebe sein kann, wenn wir bereit sind, uns auf unseren eigenen Füßen auf den Weg zu begeben.

Es gibt viel zu lernen, Herausforderungen zu meistern und eine Menge Müll wegzuräumen, um die Verbindung zu meiner inneren Quelle der Liebe (wieder) zu finden.

Wenn mir das gelingt, kann ich – erst vorsichtig, dann kraftvoller – ohne Erwartungen und Bedingungen Liebe schenken und empfangen, kann mich mit einem liebenden Menschen verbinden und sagen „ich brauche dich nicht, aber ich genieße es, mit dir in Liebe zu sein“.

Ein Meilenstein auf diesem Weg ist die Kommunikation in der Paarbeziehung.

Wir kennen alle die üblichen Klischees: Männer benutzen wenig Worte, neigen zum Abstrahieren, zeigen kaum Gefühle, reagieren überempfindlich auf Kritik, wollen recht haben, lügen lieber, statt zu ihren Fehlern zu stehen, hören nicht wirklich zu, sondern haben gleich eine Lösung zur Hand, fragen beim Autofahren nicht nach dem Weg, ziehen sich gerne in ihre Höhle zurück, meinen, für alles verantwortlich zu sein.

Die Sprache der Liebe ist anders: sie ist wertschätzend, ehrlich, annehmend, bewusst, mutig und souverän. Ich muss nicht die Erwartungen anderer erfüllen, brauche nichts zu leisten, nichts zu beweisen, es reicht einfach nur der zu sein, der ich bin, und zu mir zu stehen.

Wenn ich in der Sprache der Liebe spreche, sorge ich selbst für die Einhaltung meiner Werte und die Erfüllung meiner Bedürfnisse. Ich sage klar und ehrlich, worum es mir geht, was ich denke und fühle, was mir wichtig ist und wie mein Gegenüber mich dabei unterstützen oder begleiten kann. Und gleichzeitig bleibe ich mit ganzem Herzen und offenem Ohr zugewandt, aufmerksam und annehmend bezogener Partner.

Es ist ein Weg, und wie bei allem, das wir lernen, gibt es neben Erfolgserlebnissen auch Durststrecken, Zweifel, und Fehlschläge. Aber es lohnt sich. Gehe es an wie ein Mann: Augen auf und mitten rein!

Reiner Kaminski

(Artikel im Magazin KGS Bremen, Ausgabe 08/09/2016)

Workshops dazu:

Sprache der Liebe

Magie der Männlichkeit